„Islands of compression floating in a great ocean of tension!“
Wenn Sie den Sinn des Zitats von R. Buckminster Fuller begreifen, begreifen Sie den Sinn der Topologieoptimierung. Denn genau darum geht es bei der Topologie: Eine mechanische Konstruktion als harmonisches Zusammenspiel aus Zug- und Druckelementen (= Tensegrity) zu entwerfen. Das ist der Kerngedanke der Topologieoptimierung.
Topologieoptimierung – woher kommt die Methode?
Topologieoptimierung ist nichts Neues. Vor über 100 Jahren haben Maxwell und Michell die theoretischen Grundsätze der Topologieoptimierung formuliert.
Die Idee: Kontinuierlicher Entwurfsraum wird auf ein diskontinuierliches (diskretes) Linienfeld reduziert. Das Ziel ist es, die innere Strukturarbeit zu minimieren. Dies erreicht man, wenn das Material auf den Kraftpfaden maximaler Dehnung (= Hauptzugspannungen) und maximaler Stauchung (= Hauptdruckspannungen) angeordnet wird.
Alles klar? Oder doch nicht? Gut, dann fragen wir anders …
Wie kann man sich Topologieoptimierung einfach vorstellen?
Stellen Sie sich das menschliche Skelett vor. Es ist eine raffinierte Konstruktion, die aus 206 Knochen (= tragende Elemente) besteht, die über 143 Gelenke miteinander verbunden sind. Davon sind 180 Knochen beweglich. Das gesamte Skelett macht nur 12 % des Körpergewichts aus und kann ein Vielfaches des Eigengewichts tragen. Das Beste ist: Diese Konstruktion passt sich lebenslang an die unterschiedliche Belastungen an. Dabei sind die äußeren Belastungen (unsere alltägliche Bewegungen) die „Auftraggeber“ für die Optimierung.
Genauso ist es bei der Topologieoptimierung einer technischen Konstruktion. Mit dieser Methode schaffen die Konstrukteure/Ingenieure „elementare Skelette“ für lasttragende Konstruktionen. Sie bestimmen die Anzahl und die Anordnung der tragenden Elemente (Rippen, Stege, Stäbe …). Das so entstandene Grundgerüst der mechanischen Konstruktion muss die äußeren Belastungen aufnehmen und weiterleiten. Lebenslang.
Also noch einmal: Mit der Topologieoptimierung schaffen Sie das Skelett einer mechanischen Konstruktion.
Welches Problem lösen Sie mit der Topologieoptimierung?
Das Problem ist alt: Die technischen Anforderungen (Festigkeit, Steifigkeit, Stabilität, Gewicht) an mechanische Konstruktionen werden immer höher. Auch der Kostendruck steigt. Der Konflikt zwischen technischen und wirtschaftlichen Zielen wird dramatischer – der Optimierungskorridor wird immer schmaler.
Wie hilft Topologieoptimierung dieses Dilemma zu lösen?
Mit der Topologieoptimierung nähern Sie sich dem technisch-wirtschaftlichen Optimum aus zwei Richtungen: Zum einen erkennen Sie die hochbeanspruchten Bereiche zwischen der Lasteinleitung und der Lastaufnahme, können diese Bereiche verstärken und damit die technischen Anforderungen bestmöglich erfüllen. Zum anderen werden Sie die minderbeanspruchten Zonen zwischen der Lasteinleitung und der Lastaufnahme identifizieren, können den Materialballast abwerfen und damit die Materialkosten reduzieren.
Damit hilft Ihnen Topologieoptimierung aus weniger Material mehr Tragfähigkeit zu erreichen.
Warum ist Topologieoptimierung bei der Auslegung mechanischer Konstruktionen ein Muss?
Dafür gibt es drei Gründe.
Erster Grund: Topologieoptimierung hilft Ihnen die Kraftpfade zwischen der Lasteinleitung (= Actio) und der Lastaufnahme (= Reactio) zu identifizieren. Auf diesen hochbeanspruchten Bereichen ordnen Sie das Material an. Das Resultat: Sie erreichen maximale Tragfähigkeit (Festigkeit, Steifigkeit, Stabilität).
Zweiter Grund: Topologieoptimierung „zeigt“ Ihnen den Weg zum strukturmechanischen Optimum. Sie vermeiden unnötige Irrwege und konstruieren sofort in Richtung des strukturmechanischen Ideals. Das Resultat: Sie beschleunigen den Konstruktionsprozess.
Dritter Grund: Topologieoptimierung hilft Ihnen die nichttragenden Bereiche zu erkennen. Damit können Sie den Materialballast abwerfen und eine übergewichtige Konstruktion in eine leichtgewichtige verwandeln. Das Resultat: Sie reduzieren die Materialkosten.
Wann kommt Topologieoptimierung zum Einsatz?
Topologieoptimierung unterstützt Sie ganz am Anfang der Produktentstehung, bei der „Geburt“ einer mechanischen Konstruktion. Mit dem Topologieentwurf schaffen Sie eine mechanische Grundlage für konstruktive Entscheidungen.
Sie beantworten Fragen wie: Welche ist die ökonomischste Verbindung zwischen Actio und Reactio? Wie muss der Trägerumriss gestaltet werden? Mit welchem Querschnitt erreicht man maximale Festigkeit/Stabilität/Steifigkeit? Wie muss das Rippenmuster aussehen? Wo kann man das Material eliminieren? Welche Bereiche müssen verstärkt bzw. geschwächt werden?
Kurzum: Der Topologieentwurf ist Ihre Konstruktion im embryonalen Zustand!
Für wen ist Topologieoptimierung?
Topologieoptimierung ist für die „faulen“ Konstrukteure. Also für diejenigen, die sich bewusst entscheiden ökonomisch zu handeln.
Im Konstruktionsalltag bedeutet das: Sie investieren am Anfang 1 bis 3 Stunden für Topologieanalyse, machen einen groben Topologieentwurf und haben das strukturmechanische Ideal der Konstruktion vor Ihrem geistigen Auge. Erst dann, im zweiten Schritt, beginnen Sie zu konstruieren. Der entscheidende Vorteil: Sie vermeiden unnötige Optimierungsschleifen („Ping-Pong-Spiel“ zwischen Konstruktion und Simulation) und beschleunigen den Konstruktionsprozess enorm.
Wie neu ist das Thema Topologieoptimierung für den Konstrukteur?
Jeder Konstrukteur, der lasttragende Strukturen entwirft, macht Topologieoptimierung. Er nennt es vielleicht nicht so, ist sich dessen nicht einmal bewusst, doch er tut es. Jedes Mal, wenn der Konstrukteur sich Gedanken über die Rippenanordnung, Querschnittsgestaltung, Silhouette des Trägers, Anordnung der Stege, Flansche und tragenden Elemente oder Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung macht, macht er Topologieoptimierung.
Also ist das Thema Topologieoptimierung für den Konstrukteur nicht neu, neu sind die Möglichkeiten der Topologieoptimierung. Heute haben wir Optimierungswerkzeuge (z. B. solidThinking Inspire), die uns helfen mit noch kleinerem Aufwand bessere konstruktive Entscheidungen zu treffen.